Blässhuhn (Blesshuhn) [engl. Coot]
Das Blässhuhn (Blesshuhn, Blässralle) [Fulica atra] (Länge 36 - 42 cm, Geschlechter gleich) ist einer der häufigen Wasservögel Mitteleuropas. Verantwortlich für die erste Silbe des Namens ist die bei adulten Vögeln vorhandene weiße Stirnplatte oberhalb des ebenfalls weißen Schnabels, der die Vögel (zusammen mit ihrem mehr oder weniger einheitlich schwarz-grauem Gefieder) unverwechselbar macht (erstes Foto). Der zweite Teil des Namens (....huhn) ist ziemlich irreführend, da das Blässhuhn nicht zu den Hühnervögeln, sondern vielmehr zur Familie der Rallen (Rallidae) gehört. Anders als bei Enten, Entenverwandten und Möwen sind die Zehen des Blässhuhns nicht durch Schwimmhäute miteinander verbunden, sondern mit Schwimmlappen verbreitert. Das Brutareal der schon von dem schwedischen Naturforscher C. von Linne´ (1707 - 1778) beschriebenen sogenannten Nominatform Fulica atra atra umfasst Europa (ohne N-Skandinavien, N-Finnland und N-Russland), NW-Afrika, Kleinasien und den mittleren Teil Asiens bis Japan (in SO-Asien, Australien, Tasmanien und Neuseeland gibt es noch drei andere Unterarten des Blässhuhns). In Großbritannien, Irland, S-Skandinavien, Mitteleuropa, Frankreich, Spanien, Italien, auf dem Balkan und in der Türkei ist das Blässhuhn Jahres- und Strichvogel, in N- und O-Europa sowie in weiten Teilen Asiens Zugvogel. Bruthabitate sind stehende und langsam fließende nährstoffreiche Gewässer mit reichlicher Ufervegetation. In kalten Wintern weichen Blässhühner auf eisfreie Gewässer aus und/oder suchen an Land in Ufernähe von Gewässern nach Nahrung.
Die Nahrung des Blässhuhns ist sowohl pflanzlich (frische und sich zersetzende Wasserpflanzen, Grünalgen, im Winter auch Gras) als auch tierisch (Weichtiere, z.B.
die Wandermuschel Dreissena, Schnecken, Insekten, kleine Fische, etc.). Das pflanzliche Nahrungsmaterial, z.T. mit anhaftenden kleinen Krebstieren etc., wird in kurzen Tauchgängen
vom Grunde der Gewässer geholt. Dabei können Enten (z.B. Stockenten &
Pfeifenten) und häufig auch Lachmöwen als Nahrungsschmarotzer agieren (vgl. zweites Foto). Das Nest aus Riedgras und Schilf wird im
ufernahen Vegetationsbereich der Gewässer gebaut, und zwar nicht schwimmend, sondern fest auf umgeknickten Riedgras- und/oder Schilfhalmen. Beginn der Brut in Mitteleuropa etwa Mitte April. Eine
eventuelle zweite Brut Juni bis Juli. Die Gelege enthalten 5 - 6 (selten bis zu 9) Eier. Brutdauer 22 - 24 Tage. Die Küken (drittes Foto) gehen schon im Verlauf des ersten Tages nach dem
Schlüpfen mit dem väterlichen Vogel zu kurzen Ausflügen aufs Wasser und sind bereits nach 4 - 5 Tagen zur selbständigen Nahrungssuche befähigt. Die Jungvögel (viertes Foto) werden von beiden
Elternvögeln noch länger geführt und gefüttert und sind nach 8 - 9 Wochen selbständig.
Der Blässhuhn-Bestand in Mitteleuropa beträgt ungefähr 400.000 Brutpaare (Deutschland ca. 100.000). Die Bestände sind in etwa stabil, trotz gelegentlicher Verluste aufgrund des Wegfalls von Nistplätzen im Uferbereich der Gewässer durch gewässerbauliche Maßnahmen oder menschliche Freizeitaktivitäten. Diese Verluste werden anscheinend kompensiert durch Erhöhung des Nahrungsangebots in den Brutgewässern als Folge der Eutrophierung und der damit einhergehenden Zunahme des Wachstums von Algen- und höheren Wasserpflanzen, durch Ausbreitung der als Nahrung dienenden Wandermuschel Dreissena und evtl. auch durch Winterfütterungen. Möglicherweise spielt auch die Annahme neu angelegter künstlicher Gewässer als Bruthabitat eine Rolle. In S-Europa und in Russland sind die Bestände bedroht durch starke Bejagung.
Quellen der Informationen zur Art:
(1) Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Band 5. Galliformes - Gruiformes (U.N. Glutz von Blotzheim, Hrsg.) Lizenzausgabe eBook,, AULA-Verlag, Wiebelsheim 2001;
(2) Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas (H.-G. Bauer et al., Hrsg.) AULA-Verlag, Wiebelsheim 2012;
(3) Schwimmenten als Schmarotzer bei Blässhühnern
(H.-J. Fünfstück) in: Der Falke. Das Journal für Vogelbeobachter. 69. Jahrgang, Heft April, AULA-Verlag, Wiebelsheim 2022