Heringsmöwe [engl. Lesser Black-backed Gull]
Die Heringsmöwe (Larus fuscus) [Körperlänge 51 - 64 cm, Flügelspannweite 135 - 150 cm, Geschlechter gleich] ist eine der in Mitteleuropa vorkommenden weißköpfigen Großmöwen. Im Adultkleid ist sie von der etwa gleich großen Silbermöwe durch die viel dunkler gefärbte Oberseite (dunkelgrau bis schwarz), die Gelbfärbung der Beine und den etwas schlankeren Habitus unterschieden. Die Heringsmöwe ist eine ausgesprochen marine Species, die mehrheitlich in der Nähe der Meeresküsten und nur selten im küstenfernen Binnenland brütet. Das Brutareal erstreckt sich von W-Europa bis W-Sibirien. In der neueren Literatur wird von drei Unterarten gesprochen (Bauer et al., 2012). Die Existenz zweier Unterarten (UA) ["graellsii" und "fuscus"] gilt als gesichert, die einer dritten Unterart ["intermedius"] wird nicht von allen Fachleuten akzeptiert. Angehörige der UA "graellsii" (Brutvögel in West- und Mitteleuropa, auf den britischen Inseln und auf Island) sind relativ kompakt gebaut und haben eine dunkelgraue bis schwarz-graue Oberseite. Vertreter der UA "fuscus" (Brutvögel in Mecklenburg-Vorpommern, im Baltikum, in Nordeuropa und am Weißen Meer) sind auffallend schlank und langflügelig und haben eine dunkelschwarze Oberseite. Angehörige der UA "intermedius" (Brutvögel hauptsächlich an den Ostseeküsten Dänemarks und S-Schwedens) stehen (wie der Name vermuten lässt) bezüglich Gestalt und Gefiederfärbung zwischen den beiden anderen UA. Aufgrund seiner relativ kompakten Gestalt ist der Vogel auf dem ersten Foto wahrscheinlich ein Vertreter der UA "graellsii" [oder "intermedius" ?]; der Vogel auf dem zweiten Foto wegen seiner sehr schlanken, langflügeligen Gestalt eventuell ein Vertreter der UA "fuscus".
Die Nahrung der Heringsmöwe besteht aus Krabben, Fischen, Fischereiabfällen, Regenwürmern, Insekten und Lebensmittelabfällen auf Mülldeponien. Nestbau meist am Boden im Schutz von Pflanzenwuchs, gelegentlich auch auf Gebäuden. Legebeginn frühestens ab Ende April (in Nord-Europa erst ab Mai). Gelege enthalten 2 - 3 Eier. Brutdauer 26 - 31 Tage. Beide Elternvögel brüten und füttern. Nur eine Jahresbrut. Die Jungvögel verlassen das Nest wenige Tage nach dem Schlüpfen, bleiben zunächst in dessen Nähe und sind mit 35 - 40 Tagen flügge. Die Heringsmöwe-Jungvögel unterscheiden sich von denen der Silbermöwe durch ihre ausgesprochen düster-braune Färbung (drittes Foto). Nach der Brutsaison ziehen die Heringsmöwen aus den nord- und osteuropäischen Brutgebieten in südlichere bzw. westlichere Regionen (Nordseeküsten Mitteleuropas und Großbritanniens, Atlantikküsten von Frankreich und Spanien, Mittelmeerküsten, Küsten West- und Ost-Afrikas, Küsten des Schwarzen Meers, sowie Binnengewässer in West-, Mittel- und Ost-Europa).
Wie bei anderen Großmöwen (Silbermöwe, Mantelmöwe, Mittelmeermöwe, u.a.) dauert auch bei der Heringsmöwe die Entwicklung vom Jugendkleid zum Adultkleid 4 Jahre ("Vierjahresmöwe"). Ein halberwachsener Vogel vermutlich im zweiten Jahr (evtl. schon im dritten Jahr) auf dem vierten Foto. - In Mitteleuropa ist die Heringsmöwe mit etwa 100.000 Brutpaaren vertreten (58.000 - 72.000 in den Niederlanden, ca. 3.000 in Belgien und 23.000 - 29.000 in Deutschland). Außerhalb der Brutsaison sind die Bestände an den Nordseeküsten West- und Mitteleuropas deutlich höher aufgrund des Zuflugs nord- und osteuropäischer Brutvögel. Im nördlichen Rheinland ist die Heringsmöwe hauptsächlich Gastvogel. Insbesondere im Winter sieht man auf den renaturierten Baggerseen des rheinischen Braunkohlereviers (inkl. Zülpicher See, Kr. Euskirchen [eigene Beobachtungen]) bis zu mehrere Hundert Vögel. Die im Rheinland vorkommenden Heringsmöwen scheinen mehrheitlich Vertreter der UA "intermedius" zu sein (Rheinwald & Kneitz, 2002). Eine Gefährdung der Art besteht derzeit nicht.
Quellen der Informationen zur Art: (1) Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas (H.-G. Bauer et al., Hrsg.) AULA- Verlag, Wiebelsheim 2012; (2) Die Vögel zwischen Sieg,
Ahr und Erft (G. Rheinwald & S. Kneitz) Ginster-Verlag,
St. Katharinen 2002; (3) Der Kosmos Vogelführer
(L. Svensson et al.) Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co., Stuttgart 2011
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